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Crash oder Chance

Gelassen zum langfristigen Erfolg

Stefan Brackmann, 10. August 2024 03:00 Uhr

Alles weg!

Wie haben sich die ganzen Crash-Propheten doch Anfang der Woche gefreut? Ging deren Credo nach mehreren Jahren Börsenaufschwung endlich einmal wieder auf. Doch sie haben ihre Rechnung ohne den sogenannten Markt gemacht. Es ist noch zu viel Liquidität vorhanden, noch zu viel Optimismus in den Köpfen der Marktteilnehmer, dass sie die günstigeren Preise für ihre begehrte Ware genutzt haben, um wieder zuzugreifen.

Im späteren Wochenausweis wird diese Woche nur durch die gestiegene Volatilität (Schwankungsbreite) in den Geschichtsbüchern auftauchen, denn diese war zwischenzeitlich doch beachtlich.

Die Gemengelage war und ist für jeden Marktteilnehmer zumindest als interessant wahrzunehmen, um einmal Loriot frei zu zitieren.

Eine Hauptursache für die wilde Berg- und Talfahrt waren die sogenannten Carry-Trades. Hier werden Zinsungleichgewichte zwischen zwei Währungen ausgenutzt, um Erträge zu erzielen. Hier wurde gerne der japanische Yen als Ausleiheinstrument genutzt, da dort die Zinsen seit langem sehr niedrig waren. Die Betonung liegt auf “waren”. Die dortige Notenbank hat in diesem Jahr bereits zwei Mal die Zinsen erhöht. Dadurch wurden nicht nur die Zinsdifferenzen geringer, sondern der Yen wurde schlagartig teurer. Zur Verlustvermeidung wurden viele dieser sehr hohen Positionen aufgelöst und beeinflussten den Markt entsprechend.

Die Zinsentwicklung in den USA ist darüber hinaus ein weiteres beteiligtes Thema. Wie soll sich die dortige Notenbank verhalten in einem Umfeld zwischen Inflation und Wirtschaftsrückgang? Lockerungen führen zu weiteren inflationären Tendenzen, während der Fuß auf der Bremse die Wirtschaft weiter belastet. Die hier herrschende Unsicherheit hat die Marktteilnehmer zum Verkauf von spekulativen Positionen veranlasst.

Die Einschätzung der Entwicklung von KI-Modellen wird seit Wochen sehr kontrovers diskutiert. Immer mehr Marktteilnehmer sehen in dem KI-Hype eine neue Blase, in der sehr hohe Summen ohne Aussicht auf Verzinsung eingesetzt werden. Und das Ende der Finanzierungsrunden ist noch lange nicht in Sicht. Immer leistungsfähigere Komponenten werden benötigt, um die großen LLM’s (Large Language Models) zu befeuern.

Wer der Meinung ist, dass Warren Buffet der Auslöser dieser Marktentwicklung war, sollte sich einmal mit dem “König” aller Langfristanleger auseinandersetzen. Folgende Infos erscheinen hier hilfreich. Denn genau dieser Warren Buffett gilt als einer der erfolgreichsten Investoren. Seit 68 Jahren ist der fast 94-Jährige am Kapitalmarkt zu Hause und verfolgt eine langfristige Strategie, die sich von solchen kurzfristigen Entwicklungen nicht aus der Ruhe bringen lässt. Unter dem Betrachtungswinkel ist der Verkauf der Hälfte seines Bestandes an Apple-Aktien nicht als Argument für eine nachhaltige, negative Börsenentwicklung geeignet. Sein Restbestand ist immer noch die größte Einzelposition in seinem Bestand (bzw. im Bestand seiner Investmentfirma Berkshire Hathaway Inc.).

Viele weitere Einflussfaktoren auf die Märkte kommen noch hinzu. Von politischen Entwicklungen über Weltkriegsgefahren bis zu neuen technischen Errungenschaften reichen hier die Möglichkeiten. Wer unter dieser ganzen Gemengelage in der Lage ist, die Entwicklung der (Aktien-)Märkte für einen Tag, eine Woche oder länger vorher zu sagen, kann gerne bei dem Verfasser vorbeikommen, um gemeinsam einen Lottoschein richtig zu beschriften.

Die Gelassenheit eines Langfristanlegers, wie Warren Buffet hat mich schon immer fasziniert. Eine Gelassenheit, die langfristig angelegt die besten Erfolge erbringt. In diesem Satz sind zwei Fremdworte eingefügt, wer sie zuerst errät - kennt mich und meine Beiträge.

Es sind diese:
Gelassenheit, wir sind sie nicht mehr gewohnt, täglich erreichen uns neue Reize. Jedes Fahrrad, welches auf dieser Welt umfällt, kann es in die sozialen Medien schaffen. (Das gilt auch für Radwege in Peru!) Man benötigt nur noch ein Mobiltelefon, eine Internetverbindung und einen Social-Media-Account und mit einer begleitenden Story erhält man ein Millionenpublikum. Hier verweise ich auch gerne auf Vera F. Birkenbihl, die sinngemäß folgendes gesagt hat: Was interessiert mich, wenn eine Scheune in Norddeutschland abbrennt? Es sei denn, es ist meine - aber dann erfahre ich es sowieso.

Langfristig anlegen oder denken ist beileibe nicht jedermanns Sache. Umso schwieriger gestaltet sich das Ganze, wenn die Rahmenbedingungen so komplex sind, wie oben beschrieben. Zahlreiche Einflussfaktoren sind zu berücksichtigen. Was geschieht bei Änderungen dieser? Wer das bei einer Strategie nicht bedenkt, hat erst gar keine!

Ich verfolge die Börsen nun seit mehr als 45 Jahren - noch nicht ganz so lange wie Warren Buffet - sehr aufmerksam und kann nur eines sagen: Langfristanleger haben bisher fast immer recht und nutzen Krisenzeiten als Einstieg. Sie sind meistens ruhig und gelassen.

Crashpropheten hingegen haben selten recht und nutzen Aufstiegsphasen (auch langfristig) nur zum lauten und nachhallenden Populismus und Verkauf ihrer Seminare und Bücher!

Dies scheint in Deutschland besonders ausgeprägt zu sein, denn in kaum einem Industrieland ist die Aktie als Anlageinstrument so negativ belegt. Der Schulbildung und den ganzen Crash- und Untergangspropheten sei Dank!


Stefan Brackmann
Bundesvorsitzender
DIE FÖDERALEN