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Mit der Lupe schauen lernen

Was pauschale Kritik bewirkt

Maren Zaidan, 25. Mai 2024 05:00 Uhr

Es kann nichts schlimmer werden.

Von der Stammtischparole bis zur Bundestagsrede kommen harte, niederschmetternde Worte, die alles zugrunde reißen, gut an. Gleichzeitig gibt es in der Gesellschaft einen Trend zur Vergötterung. Diese Verhaltensweisen bringen uns jedoch weder auf privater noch auf gesellschaftlicher oder staatlicher Ebene viel weiter. Sie führen nur zu einer Verhärtung der Fronten und immer tieferen Gräben.

Wird es je möglich sein, dass eine Partei, ein Parlament, eine Gruppierung oder auch nur ein einzelner Mensch exakt mit unseren Ansichten übereinstimmt, nie irgendein Detail an sich hat, welches wir irritierend finden? Selbst eineiige Zwillinge und auch deren Eltern können bestimmt noch einiges an Unterschieden feststellen. Das Gleiche gilt auch für die andere Richtung. Kann das Gegenteil der Fall sein, sprich wir mit anderen in keinem Fall übereinstimmen oder müssen wir selbst unserem größten Feind eine winzige Sache zugestehen, wenn wir ehrlich sind? Wer denkt hier nicht an den Lieblingsverein, die Automarke, Musik oder einfach nur das Lieblingsessen?

Es fehlt immer mehr an der Aufmerksamkeit genau hinzuschauen. Zu schauen, was welches Ministerium macht, was welche Partei in Bezug auf welches Thema sagt oder was auch immer die Menschen um uns herum bewegen und was sie meinen. Durch den groben Blick sehen wir dann immer nur die großen Patzer oder die großen Sympathiepunkte. Wie aus Angst, verunsichert zu werden, schieben wir dann alle anderen Punkte weg. In vielen Fällen wollen wir sie nicht sehen und beschäftigen uns so oberflächlich mit Themen, dass wir vom Gegenteil nichts wissen. Vielleicht steckt in den meisten von uns wirklich die Angst, dass alles zerbricht, sogar die Hoffnung auf Sicherheit. Beides bringt uns dazu, alles wegzuschieben, was sowohl die Helden als auch den Feind menschlich macht.

Doch mit einer solchen Perspektive können wir keine konstruktive Kritik mehr üben und nicht das beste uns mögliche Gesamtbild schaffen. Wenn wir nicht sehen, was in unseren Kreisen schief läuft, können wir es nicht besser machen und keine neuen Sympathisanten finden. Wenn wir gleichzeitig die Gegenseite als komplett falsch und inkompetent verschreiben, sind wir theoretisch gezwungen alles anders zu machen und auch das Gute aufzugeben. In der Politik hören wir oft die Enttäuschung, dass der Nachfolger dies und das genauso macht. Eventuell hatte er auch kein Problem mit gewissen Punkten. Wir haben nur nie darüber geredet. Man könnte von Wahllügen reden. Man könnte aber auch davon sprechen, dass es einfach unsere Mentalität wurde, in politischen Reden vernichtend zu sein,um damit Jubel zu ernten.

Wenn auch an unseren Statements ab und zu die Kritik von fehlender Härte, Biss und Witz kommt, aber man gleichzeitig immer wieder den Wunsch nach Authentizität bekommt, stellen sich wiederholt weitere Fragen:
Was ist für dich Authentizität?
Hast du hingesehen und abgewogen, was wirklich gut und was wirklich schlecht ist?
Würdest du weiter mit mir konstruktiv reden, wenn ich als erstes dein ganzes Weltbild angreife?


Maren Zaidan
Bundesvorsitzende
DIE FÖDERALEN