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Ruin It Yourself

Vom Lernen, machen lassen und nichts hinbekommen

Maren Zaidan und Stefan Brackmann, 11. Mai 2024 03:00 Uhr

Geben neue Mittel falsche Sicherheit?

Wir leben in einer eigenartigen Zeit. Auf der einen Seite haben wir vieles verlernt, was man für den privaten Gebrauch in früheren Jahrzehnten selbst erledigen konnte, wollte oder musste. Es war nicht immer schick, diese Fähigkeiten zu erlangen. Auf der anderen Seite werden viele Talente und Berufe inzwischen oftmals übergangen oder Fähigkeiten auf neue Arten wiedererlangt.

Wir möchten in diesem Artikel auf einzelne Beispiele dafür eingehen und zum Nachdenken anregen.

Das älteste Beispiel hierfür sind die unzähligen Lernvideos und Tutorials im Internet. Davon gibt es viele und die Streubreite seitens der Qualität ist sehr groß.

Einige sehr gute, welche auch nach Kenntnisständen abgewogen werden, ermöglichen es einem, Sachen von zu Hause aus zu lernen. Diese sind oft sogar kostenlos (dazu gibt es in Kürze noch einen Beitrag!), und ermöglichen es uns, zu lernen, auch wenn wir vor Ort meist keinen Unterricht finden würden und unter Umständen auch noch viel Geld zahlen müssten.

Aber es gibt, wie bei allen anderen Produkten auch, Tutorials, welche nur Frust bringen. Leider sind die guten manchmal schwer von den schlechten zu unterscheiden. Gleichzeitig sind auch die Rezipienten ein Problem. Das sind diejenigen Menschen, die das Video nicht schauen, um ihre eigenen Fähigkeiten auszubauen, sondern sich nach dem Ansehen selbst zum Experten ernennen, speist doch in ihren Augen das Video die praktischen Fähigkeiten direkt mit ein.

Das prominenteste Beispiel für das heutige Thema sind KIs. Oftmals wird darüber nicht richtig nachgedacht und geschlussfolgert. Der Bevölkerung wird nun vermittelt, dass wir viele Dinge nicht mehr lernen müssen. Selbst das Programmieren muss nicht mehr erlernt werden, da die Künstlichen Intelligenzen sich schon bald selbst entwickeln. Doch wer kann dann der KI noch die richtigen Fragestellungen auf den Weg geben, wenn man nicht mehr selbst die Grundlagen und das notwendige Expertenwissen zur Verfügung hat. Wer kann dann noch wissen, ob die KI das richtige bearbeitet und erstellt? Wer kann dann sicherstellen, ob sich unsere Welt in die richtige Richtung entwickelt? Wer kümmert sich um die KI? Und zu guter Letzt: Wer kann dann noch eingreifen, wenn Fehlentwicklungen tatsächlich noch erkannt werden?

Bisher schöpfen KIs ihre Ergebnisse aus bereits Vorhandenem und das sieht man. Ob die Grundlagen rechtmäßig erworben wurden, ist zudem auch noch fragwürdig. Wie aber kann noch etwas Neues entstehen, wenn von den KIs alles ausschließlich aus dem bereits existierenden geschaffen wird? Ist hier ein vollkommener Optimismus sinnvoll?

Ein Thema, welches zum Teil mit KIs zusammenhängt, zum Teil aber auch mit der Überflutung an Apps für alles und nichts, sind die Menschen, welche Fachwissen und Talent durch drei Mal wischen auf dem Smartphone ersetzen. Aufgaben, die klassisch an Profis mit entsprechender Ausbildung oder vielen Jahren autodidaktischen Lernen verbunden waren, werden inzwischen oft von Menschen ohne Talent und Wissen auf dem Smartphone übernommen. Man kann alles zusammenklicken. Meist sind dies Ergebnisse zwar extrem beschränkt, aber das ist den Anwendern egal. Die Experten und hochkarätigen Talente werden gestrichen und die Symbolik für tödlich wird durch einen Biber in der Wüste ersetzt. Der Biber in der Wüste ist jedoch auch billiger. Was für Konsequenzen hat all das für die Wirtschaft? Hinter dem Geiz (wie geschrieben, hier kommt noch ein Artikel!) stehen am Ende unsichere Jobs.

Diese Beispiele führen zusammengenommen zu der Frage, ob uns diese Trends in Gefahr bringen. Menschen benötigen Wertschätzung und diese erhält niemand, indem er die Arbeit an 1 Euro Apps verliert. Die Anwender der Apps können auch keine Selbstachtung aus ihren Ergebnissen ziehen, da die Ergebnisse dann doch nicht stolz auf sich selbst machen und einfach nur billig wirken. Die Gefahr, in der wir uns bewegen, liegt darin, dass wir unsere eigene Welt nicht mehr verstehen und somit auch nicht mehr steuern können. Bei einzelnen Projekten aber besteht auch pure Lebensgefahr, nämlich wenn das Eigenbauprojekt zur Todesfalle wird. Denn nicht jede 3-jährige Ausbildung kann man mit 2 Stunden Tutorials ersetzen. Wer hier jetzt zum Beispiel an elektrische Anlagen denkt, ist Gottseidank bereits einen Schritt weiter im Erkenntnisstand.

Alle diese Entwicklungen haben auch gute Seiten. Bildung wird theoretisch leichter zugänglich - wenn man die Medien sinnvoll nutzt. Es ist leichter, Hilfe zu finden oder das eigene Ergebnis abzugleichen. Für manche Sachen reicht eine einfache Lösung und das Aufzeigen neuer Wege, um auch ohne Talent und jahrelanges Training etwas Einfaches zu erreichen. Manchmal ist all das auch einfach eine Inspiration für etwas eigenes. Aber wir sollten wieder mehr nachdenken, bis wann etwas eine Hilfestellung ist und ab wann wir uns selbst freiwillig entmündigen und gefährden? Wann ist es sinnvoll, dass jemand mit Erfahrung hinter uns steht und am Anfang Hilfestellung bietet oder kontrolliert, prüft und nachbessert?

Wer beim nächsten Projekt an diese Zeilen denkt, hat bereits einen Erkenntnisgewinn. Diesen dann sinnvoll zu nutzen ist der erste Schritt zur Eigenverantwortung!


Maren Zaidan und Stefan Brackmann
die Bundesvorsitzenden
DIE FÖDERALEN