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Pokerfaces

Wie Opportunismus und persönliche Schwächen die Kraft etwas zu erreichen rauben

Maren Zaidan, 24. August 2020 20:58 Uhr

Erfolg von allen gegen Erfolg von Einzelnen

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Die Zeitplanung wurde auf Multitasking so gut optimiert, wie es nur geht. Statt einem Frühstück gibt es einen Coffee to go auf dem Weg zur Arbeit, um nebenbei schon einmal mit Lautsprechanlage im Auto die ersten Telefonate des Arbeitstages hinter sich zu bringen. Schick wie in den großen amerikanischen Filmen. Alle Menschen werden auf Leistung getrimmt und wer kein großer Leistungsträger ist, gibt vor einer zu sein. Inzwischen scheint es fast ehrenvoll zu sein bereits einen Burnout erlebt zu haben. Leistung erbringen bis es zu viel Leistung war.

In einer solchen Gesellschaft geht es immer darum die Goldmedaille abzuräumen. Wen kann man überholen, wen kann man abhängen und wie kann man selbst am meisten profitieren? Es geht um Tempo, zumindest glauben das viele. Es wird unüberlegt und voreilig gehandelt. Dass manche Dinge Zeit brauchen und sich warten lohnt, wird zu oft übersehen.

Ein Süßwaren-Produzent bewarb einmal seine Produkte mit einem psychologischen Test. Kinder im Kindergartenalter wurde ein Stück der süßen Ware geboten, wenn sie die Schokolade sofort essen. Kinder, die abwarten wollten und konnten, bekamen wissentlich zwei Stück des Produktes geschenkt. Die Erwachsenen fanden die Reaktionen der Kinder, die versuchten auf das zweite Stück zu warten sehr niedlich. Besonders die Kinder, welche es nicht ausgehalten haben zu warten, wurden belacht. Die Wahrheit ist, dass dieser Text auch für Erwachsene existiert und auch manch ein Erwachsener auf seinem Niveau Probleme hat abzuschätzen welcher Zeitaufwand für welchen Gewinn sinnvoll ist. Und so beobachtet man Menschen, die zu schnell aufgeben und alles hinwerfen, weil sie nicht in der Lage sind zu sehen, dass manche Dinge länger brauchen. Man beobachtet Menschen, die alles nehmen, was sie gerade bekommen können, ohne vorauszuschauen, was die Zukunft bringt.

Eine andere Gruppe sieht nicht einmal, wenn es ernst wird und um mehr als sie selbst geht. Notwendiger Zusammenhalt und oft auch die Solidarität oder der Idealismus von anderen Menschen wird ausgenutzt, um die eigenen Ziele zu erreichen. Die Leistungsgesellschaft kann in diesen Fällen scheinbar nicht einmal zurückgestellt werden, wenn eigentlich darum geht überhaupt eine solche Gesellschaft in der jeder alles geben kann, aufrecht zu erhalten. Der eigene Erfolg ist alles und alles andere kann vorgespielt werden. Am besten spielt man es so gut, dass man anderen die eigene Falschheit vorwirft.

Die angestrebte Goldmedaille wird ausgezahlt in Status, Geld und Ruhm. Diese Gewinne werden ohne den Weg dahin und ohne die Opfer gesehen und so entsteht ein gefährlicher Neid. Manchmal werden diese Gewinne an Stellen gesehen an denen es sie nicht einmal gibt. So entsteht ein Kampf um nicht Vorhandene Medaillen oder zumindest ein Kampf, um Dinge, die nicht ohne Opfer zu erlangen sind.

Da sich Menschen mit diesen Neigungen unter die mischen, die etwas zum positiven Ändern wollen ohne zu ungeduldig oder zum eigenen Vorteil zu handeln, entstehen Probleme. Misstrauen wird geschaffen, da abgewogen werden muss, wer aus welchen Gründen, wie handelt. Jeder Schritt wird beobachtet. Unterstellungen werden getätigt und an den Kräften wird gezehrt. Da manche nichts für das gemeinsame Ziel tun, geht es nicht voran. Vorhandene ehrliche Kräfte gehen aus Enttäuschung verloren und es kann nichts besser werden. Was die, die nur an sich selbst denken dabei vergessen ist: So wird auch nichts für sie selbst besser. Auf diese Weise kann nichts vorangehen.

Ich würde gern einen positiven Ausblick geben oder einen Weg aus diesen Problemen. Leider sehe ich darin auch ein Problem für die aktuelle Zeit. Mehr Skepsis zerstört den Zusammenhalt noch mehr. Es ist eine bitte an alle, die zur Selbsteinsicht fähig sind. Bitte denkt an das was uns helfen kann eine bessere Zukunft zu bauen. Bitte denkt darüber nach, inwieweit eure eigenen Ziele und Handlungen nur euch dienen und ob ihr es anderen wirklich schwerer machen wollt. Bitte hört auf, Menschen, die etwas für uns alle, auch für euch, erreichen zu wollen, Steine in den Weg zu legen. Leider muss sich jeder bei dieser Frage an die eigene Nase fassen. Lasst uns eine bessere Zukunft bauen.


Maren Zaidan
Bundesvorsitzende der Partei DIE FÖDERALEN
Essen, den 24.08.2020