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Heute sind wir alle teamfähig

Über die Sonnen- und Schattenseiten in einer Gesellschaft in der jeder teamfähig sein soll.

Maren Zaidan, 5. Juli 2020 18:32 Uhr

Wir müssen Teams wieder stark machen

Wir alle sind unterschiedlich. Seit der ersten Klasse erlebe ich, dass wir alle Teamfähig sind oder lernen sollen es zu sein. Wenn die Teamfähigkeit einer Person angezweifelt wird, ist dies rufschädigend. Ja, ich bin mir bewusst darüber, dass es immer noch Jobs gibt in denen keine Teamfähigkeit notwendig ist, aber in der breiten Masse wird es so dargestellt. Das Ergebnis zeigt sich dann in der Realität. Es herrschen Kleinkriege oder es wird alles schön geredet.

2012 hielt Susan Cain den TED Talk „The power of introverts“: https://www.ted.com/talks/susan_cain_the_power_of_introverts/transcript?language=de

Cain erklärt darin auf humorvolle Weise, wie sowohl die Extrovertierten als auch die Introvertierten ihren Beitrag für unsere Gesellschaft leisten. Kritisch weißt sie darauf hin, dass trotz guter Seiten von beidem in der westlichen Gesellschaft nur noch das Extrovertierte gefördert wird. Ich wusste zu dem Zeitpunkt schon einiges über Introvertiertheit vs. Extrovertiertheit und TED Talks sind mit Sicherheit keine wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Aber der Vortrag weckte mich ein wenig mehr auf. Warum leben wir in einer Gesellschaft in der manche Eigenschaften mehr erwünscht sind als andere, selbst wenn beide ihre Vorteile haben?

In den Jahren darauf bis heute konnte ich dann immer mehr und immer reflektierter die Teamdynamiken von arbeitenden Gruppen beobachten. Wenn sich Teams bilden finden gewisse Prozesse statt. Darin ist auch Streit enthalten und normal. Aber mir scheint es so als begeben wir uns alle immer mehr in eine Traumwelt. Es finden offensichtlich die gleichen Konflikte zwischen Menschen statt wie immer. Nicht jeder kommt mit jedem klar. Manche Arbeitsschritte nerven den einen oder anderen. Leider stellen wir uns immer weniger den Problemen. Wir machen die Augen zu und reden davon, dass wir alle gut miteinander umgehen wollen. Im Hintergrund und das ist meines Erachtens nach viel schlimmer, läuft dann Rufmord und Hetze. Im Ergebnis haben wir keine friedlichen Teams in denen zumindest der Respekt gewahrt bleibt. Im Ergebnis haben wir Misstrauen, weil niemand mehr weiß, was über den anderen wahr und falsch ist, weil niemand etwas mit einer Person zu tun haben möchte, die vielleicht doch dies oder das ist.

Ein anderer Aspekt dabei ist das sich selbst sehr wichtig nehmen von gewissen Gruppen. Diese Gruppen spalten sich dann wieder, weil man kleine Unterschiede untereinander sieht und bekriegen sich. Es gibt Beispiele von großen Unternehmen, die aufgrund von verschiedenen Zugehörigkeiten ihrer Führungskräfte keine Probleme aufgrund ihrer Wettbewerbsfähigkeit bekommen haben, sondern aufgrund des Wunsches, dass bestimmte Gruppen mehr Rechte bekommen als andere.

Am Ende müssen Arbeitsteams jedoch handlungs- und arbeitsfähig bleiben. Wenn Menschen sich schlecht fühlen,weil über sie geredet wird, wenn sich gegenseitig bekriegt wird, leidet die Aufmerksamkeit. Alle Mitglieder sind mit anderen Beschäftigt als mit dem was eigentlich zählt. Es kommt zum Versagen der kompletten Teamleistung. Warum akzeptieren wir oft nicht mehr, dass es Konflikte geben kann und darf? Warum akzeptieren wir nicht, dass Menschen verschieden sind und nicht immer miteinander klar kommen. Wir leben in einer Gesellschaft mit zwei Extremen. Offener Kampf gegen jeden der nicht genau auf derselben Seite ist und einer Falschheit, die verdeckt zu Kleinkriegen führt. Es wird Zeit zu reflektieren. Es wird Zeit wieder anzuerkennen, dass nicht alles friedlich sein kann, aber die Wahrheit und eine gewisse gegenseitige Grundachtung immer noch ein wichtiger Bestandteil einer funktionierenden Gesellschaft bis nach unten in das kleinste Team und in die Familie sind. Die Familien sind dabei das traurigste Ergebnis. Wer anfängt offen über Probleme in den Familien zu reden, wird feststellen, wie viele Familien aufgrund von gesellschaftlicher Spaltung nicht mehr miteinander reden. Wir sind zu einer Gesellschaft geworden, die sich selbst krank macht. Wir müssen beginnen jedem passende Aufgaben und Rollen zu geben. Nicht jeder kann still in seinem Kämmerchen arbeiten, nicht jeder kann täglich hunderte Menschenum sich haben, nicht jeder ist besonders gut darin im Team zu arbeiten. Wir können ein Stück mehr echten gesellschaftlichen Frieden schaffen, indem wir anfangen wieder die Fähigkeiten und Eigenschaften aller sinnvoll zu nutzen.


Maren Zaidan
Bundesvorsitzende der Partei DIE FÖDERALEN
Essen, den 05.07.2020