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Die Neue Normalität und unsere Psyche

Wie sich die Maßnahmen zur Bekämpfung von Corona auf unsere psychische Gesundheit auswirken

Maren Zaidan, 2. Juli 2020 11:38 Uhr

Körperliche Nähe ist wichtig für Erwachsene und Kinder

Seit Corona bekommen wir immer wieder etwas von der neuen Normalität erzählt. Die neue Normalität, die alles besser macht, als in Zeiten des Lock-Downs, aber nichts ist wie vorher. Es ist nicht all zu lange her, dass wir Freunde getroffen haben. Unsere Freunde und manchmal sogar jemanden, den man gerade erst getroffen hatte, umarmt hat. Es ist nicht lange her, dass Teenager auf der Klassenfahrt zu fünft aus einer Flasche getrunken haben. Es ist nur ein paar Monate her, dass man manchmal zu viel von Familienfeiern hatte. In der neuen Realität ersetzen wir Freunde und Familie treffen durch Videochats und Telefonate. Die Schulter zum anlehnen, der Stupser, das Lächeln über etwas vollkommen beiläufiges fehlt – zumindest zum Teil.

Es wird mit Angst gearbeitet. Eine leichte Angst kann Menschen dazu bringen etwas zu ändern und zu verbessern. Doch die Angst ist sehr groß geworden. Es ist die Angst um das Überleben und diese Angst lähmt die Menschen. Anstatt sich selbst ein Bild zu machen, verstecken sich manche von uns seit Monaten und vereinsamen dabei. Normalerweise hat jeder Mensch ein Netzwerk von etwa fünfzig Menschen, mit denen man wirklich Kontakt pflegt. Wir sind soziale Tiere. Isolation führt bei uns zu Depressionen, einer übermäßigen Vergötterung der persönlichen Helden, Angsterkrankungen, Entzündungsreaktionen und posttraumatischen Belastungsstörungen. Wer lange allein ist, sich ausgegrenzt fühlt, entwickelt manchmal eine Sozialphobie. Diese macht es wiederum schwerer aus der Isolation zu kommen. Es ist ein Teufelskreis.

Die oben genannten, auf den ersten Blick auf manchen rationalen Menschen so kitschig wirkenden Umarmungen bewirken bei uns allen das Ausschütten von Oxytocin. Für viele inzwischen als Kuschelhormon bekannt. Dabei wissen die meisten von uns, dass es nicht nur für die Kinder-Eltern-Bindung eine Rolle spielt. Es ist auch nicht nur wichtig am Anfang einer Lebenspartnerschaft. Oxytocin lässt uns prosozial sein, Vertrauen aufbauen, uns empathisch werden, Angst, Aggressionen, Stress abbauen.

Für Menschen sind Gesichter wichtig. Wir haben extra einen eigenen Gehirnteil um Gesichter wahrzunehmen und zu unterscheiden. Kinder spiegeln die Gesichter ihrer Eltern. Menschen, die viel Zeit miteinander verbringen, entwickeln Ähnlichkeiten in der Mimik, weil sie sich spiegeln. Emotionen nehmen wir zu einem bedeutenden Teil durch Mimik war. Dank der oft zu tragenden und oft freiwillig getragenen Masken fällt ein Teil des Gesichts weg. Auch lustige Masken, schicke Masken und coole Masken, ersetzen nicht das was wir brauchen.

Unsere Kinder und Jugendlichen befinden sich in der Gehirnentwicklung. Neurowissenschaftlern ist seit langem bekannt, dass das wegfallen oder einschränken von Freundschaften in der Kindheit und Jugend die Entwicklung des Gehirns einschränken. Um als Erwachsener gesunde Beziehungen zu führen und ein normales Sozialverhalten aufzuweisen, braucht es in der Kindheit und Jugend Freunde, Peer-Groups, Bezugspersonen auch außerhalb des Elternhauses und Menschen, die einem die eigenen positiven und negativen Eigenschaften aufzeigen. Es braucht einen Abgleich zwischen den Werten der Herkunftsfamilie und den Werten anderer Menschen, um das eigene Leben mit eigenen Werten aufzubauen.

Man sagt unsere Freunde kennen uns besser als wir uns selbst. Wir sollten auf sie hören. Dazu müssen wir sie auch treffen und darauf achten, dass sie uns weiter so gut kennen!


Maren Zaidan
Bundesvorsitzende der Partei DIE FÖDERALEN
Essen, den 02.07.2020