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Eine(r) für alle (Teil 2)

Heiteres Begrifferaten

Stefan Brackmann, 11. Juni 2021 06:01 Uhr

Parteien sind Interessensvertretungen.

Gestern wurde das Thema Gleichmacherei, ich würde sagen Einheitsbrei beschrieben. Aus dem falschen Verständnis heraus, dass Gleichgesinnte in einem begrenzten Themenspektrum auch generell gut zusammenpassen und auch zusammenhalten würden, werden Gemeinschaften gebildet. Je prominenter der Fürsprecher und je begrenzter das Thema, desto mehr schrien und schreien hier. Es kommt einem vor wie bei einem Konzert einer angesagten neuen Band, bei dem die Fans vor Aufregung, ihren Star zu sehen, fast kollabieren.

Das wird dann vielleicht später passieren. Nicht, dass die Fans kollabieren, aber die Erwartung, in einer neuen Gemeinschaft gemeinsam alle Themen im harmonischen Einklang gestalten zu können, wird bestenfalls bald einer gewissen Nüchternheit weichen. Da helfen auch die besten Absichtserklärungen nichts, erst recht nicht, wenn sie schöne Namen und bunte Farben erhalten.

Da können dann das weitere Themen wie zum Beispiel Landwirtschaft schnell die Unterschiede deutlich machen und Gräben tun sich auf. Wenn hier dann die Veganer auf die Hardcore-Griller treffen, kann man das noch weglächeln. Bei Themen wie Energieversorgung, Verkehr oder Verteidigung möchte ich - nicht wirklich - an den Gesprächen oder Debatten teilnehmen.

Wenn neuartige Abstimmungsverfahren das lösen könnten, prima. Dann möchte ich bei der nächsten Autofahrt, wenn man nicht mehr geradeaus weiterfahren kann, die vier Insassen bitten, zu entscheiden, ob man nun rechts oder links abbiegen soll. Der nachfolgende Verkehr wartet gerne 10 Minuten und die Werkstatt freut sich auch, wenn man dann als Durchschnittswert auf 37,5 Grad links kommt.

Auch der im Tierreich gerne verwendete Intelligenz-Begriff stößt hier an seine Grenzen und führt sehr oft zu interessanten Verzerrungen, die bereits wissenschaftlich belegt sind. Nur in einem sehr eng begrenzten Raum führt die Schwarmintelligenz zu sinnvollen, tragfähigen oder sogar guten Lösungen.

Viele fühlen sich in der aktuellen Politiklandschaft nicht wohl und wollen mitgenommen, angehört oder beteiligt werden. Um dem zu entgehen werden die Begriffe Basis oder Direkte vor den Demokratiebegriff gesetzt. Eine vordergründig gute Idee und ein hehres Ziel. Bei längerer Betrachtung und Hinterfragung jedoch ergeben sich einige Unklarheiten oder auch Inkonsistenzen.

Laut Wikipedia bestätigt sich dieses Empfinden und wird um eine weitere Dimension erweitert. Dort steht: Die Basisdemokratie ist eine begrifflich nur als diffuser Sammelbegriff definierte Form der direkten Demokratie.

Diffus also! Machen wir einen kurzen Abstecher in die Schweiz. Sie wird in diesem Zusammenhang gerne zitiert. In keinem anderen Land gibt es auch nur annähernd so weitreichende direkte Rechte des Souveräns.

Zu beachten sind aber folgende Hinweise zum Schweizer Modell:

  • Hauptfaktor für die direkte Demokratie ist eine föderale Struktur
  • Es handelt sich um eine halbdirekte Demokratie, denn ein Teil der Entscheide trifft ein Parlament und ein Teil das Volk
  • Die Entwicklung bis zum heutigen Stand hat fast 200 Jahre gedauert

Ein weiterer Hinweis hier ist hier besonders wichtig. Eine gute und sittliche Volksbildung ist eine unverzichtbare Voraussetzung für das Funktionieren einer direkten Demokratie. Das ist die Zusammenfassung aus zahlreichen Werken bekannter Schweizer Erzieher und Schriftsteller.

DIE FÖDERALEN stehen für das Subsidiaritätsprinzip. Es soll eine größtmögliche Eigenverantwortung wahrgenommen werden, soweit dies sinnvoll und möglich ist. Diese Möglichkeiten zu entwickeln und zu gewähren ist der langfristig richtige Weg und führt dann unweigerlich in eine basisdemokratische Richtung.

Wer also meint, wir sind reif für eine neue Demokratieform, der sollte erst einmal seine Hausaufgaben machen und aus Erfahrungen Anderer lernen. Und vor allen Dingen nicht Begriffe synonym verwenden, die bei näherer Betrachtung meilenweit voneinander entfernt oder diffus sind.

Mit Basisdemokratie wäre die Deutsche Wiedervereinigung wahrscheinlich nie zustande gekommen. Die wichtigsten Voraussetzungen hätte man nicht erfüllen können. Die Entscheidung war einerseits zu komplex, um allen Mitwirkenden die notwendigen Informationen und Fähigkeiten zu vermitteln und zweitens zu zeitkritisch, um einen langen gesellschaftlichen Diskurs und eine aufwändige Abstimmung zu überstehen.


Stefan Brackmann
Bundesvorsitzende
DIE FÖDERALEN