Es ist ein altbekanntes Thema. Ältere und kranke Menschen werden nun seit einem
Jahr dazu gebracht oder gezwungen allein zuhause zu bleiben. Wie gut es ihnen
geht, zu was sie noch in der Lage sind und was sie sich wünschen, bleibt
zumeist unberücksichtigt. Da dieses Wegsperren seit letztem Jahr als Zeichen
von Empathie, Anstand und Moral in der breiten Gesellschaft gilt, spalten sich
die Familien mit Kritikern dieser Maßnahmen oft. Zumeist gewinnt die Fraktion Gefängnisschlüssel
.
Unsere Regierung erzählt uns von Videokonferenzen mit den Großeltern. Bitte
seien Sie doch ehrlich! Die Großeltern der kleinen Kinder, die auch wissen, wie
man die Webcam anschmeißt, sind in den meisten Fällen nicht so alt, dass sie
sich seit Monaten wegsperren lassen oder ihr Leben besonders bedroht sehen. Es
sind eher die Urgroßeltern dieser kleinen Kinder und diese haben zu einem
großen Teil nie mit einem Computer gearbeitet und kommen auch mit einem
Smartphone nicht klar. Es bleibt also nur das Telefonat, vorausgesetzt das
Gehör ist dafür noch gut genug. Wenn man dann also anruft, bekommt man nur noch
traurige Töne zu hören. Vergleiche mit dem Krieg und der Nachkriegszeit und
immer den Satz Aber da durften wir zumindest raus!
.
Bitte beschäftigen Sie sich mit positiven Altern. Es gibt Langzeitstudien darüber und ein ganzes Forschungsgebiet. Kein Mensch altert gleich. Kein Mensch altert auf allen Ebenen gleich schnell. Wer körperliche Probleme hat, ist oft geistig noch extrem fit; wer schlecht sieht, kann noch gut laufen; usw. Menschen werden alt und bleiben im Gesamtbild dem Alter entsprechend relativ gesund, wenn sie immer ihren Problemen und vorhandenen Fähigkeiten angemessene Aufgaben erfüllen können. Wenn sie auch auf einzelnen Gebieten nicht komplett abgeschrieben werden, sondern einfach Stück für Stück etwas weniger leisten müssen. Menschen von Partnern und Familien, die am Ende doch zusammenhalten und füreinander da sind, werden älter. Die Forschung zeigte uns, dass viele dieser sehr alten Paare seit Jahrzehnten täglich streiten, aber am Ende des Tages zusammengeblieben sind und wussten, was sie aneinander haben.
Seit 2020 meint die Regierung und ein Großteil des Landes nun, wir schützen alte Menschen und kranke Menschen indem wir wegsperren und kaum Kontakte pflegen. Wie soll der noch vitale ältere Herr fit bleiben, wenn der tägliche Spaziergang und die Debatte mit dem Freund aus alten Zeiten entfällt? Wie soll die ältere Dame zufrieden und gesund bleiben, wenn die Kinder, Enkel und Urenkel nur noch in Geschichten und Fotos existieren?
Diesen Text schreibe ich für eine Person, ohne die ich heute nicht die
Meinungen vertreten würde, die ich vertrete. Eine Person, die mich mit
Geschichten über Widerstände gegen verschiedene fehlgeschlagene Systeme und
Zeiten von klein auf versorgt hat und mir gelernt hat, wie man konstant “Nein”
sagt, auch wenn alle ein Ja
von einem hören wollen. Wie man auf Status
verzichtet, um das gute doch gewinnen zu lassen. Diese Person hatte immer viele
Kontakte, bringt bis heute viele Menschen, auch unbekannte mit viel Humor,
Bildung und selbstgeschriebenen Gedichten zu jedem halbwegs wichtigen Anlass
zum schmunzeln. Die Person ist eigentlich schon alt, aber bis 2020 anderen auf
vielen Gebieten eine große Hilfe gewesen. Diese Person erzählt mir nun, wie es
ist, das alte aktive Leben zu vermissen. Ein Leben, was man noch haben könnte,
aber nicht mehr haben darf. Ein Leben von dem fragwürdig ist, ob es noch geht,
wenn es denn wieder geht.
Diese Gesellschaft macht Menschen alt und krank. Die wahre Pandemie ist die Depression. Die einen bekommen sie, weil sie vergessen wurden und die anderen stecken sich damit an, weil es einfach zu traurig ist, um zu schlucken und tapfer weiterzulächeln als wäre nichts gewesen. Wir brauchen keine Durchhalteparolen mehr. Das hat nichts mit Durchhalten und Disziplin zu tun. Das ist Menschenverachtend!
Maren Zaidan
Bundesvorsitzende
DIE FÖDERALEN