Da muss ich mich doch schon wieder an den Kopf fassen! Darf man das noch ohne Strafe, oder muss ich dazu Handschuhe tragen? Was ist denn jetzt schon wieder passiert, fragt sich der eine oder andere Leser. Es dürften wohl viele in den letzten Tagen mitbekommen haben, dass eine Luxusvilla in Berlin-Dahlem vor kurzem neue Eigentümer vorweisen konnte. Unser Gesundheitsminister Jens Spahn und sein Partner Daniel Funke dürfen sich nunmehr auf über 300 Quadratmetern heimisch fühlen.
Was ist daran so schlimm? Ich persönlich habe nichts gegen die Freiheit des Eigentums und jeder sollte sich kaufen dürfen, was in seinem finanziellen Umfeld gerechtfertigt erscheint. Hier liegt die Sachlage allerdings in einem Bereich zwischen Unverständnis und maximaler Ignoranz gegenüber den Bürgern unseres Landes.
Der letzte Arbeitsmarkbericht war erwartungsgemäß nicht nur ernüchternd, sondern kam einer Katastrophe gleich. Stieg doch die Arbeitslosenquote innerhalb eines Jahres von 5,0 % auf 6,3 % im Juli 2020, das ist immerhin ein Zuwachs um 26 %! Dazu noch eine gewaltige Zunahme der Kurzarbeit und ein Rückgang der Erwerbstätigen um 1,3 %. Die Zahl der offenen Stellen ist allein im Monat Juli 2020 um 28,3 % zurückgegangen.
Hier bricht nicht nur eine Einnahmequelle in Form der Lohn- bzw. Einkommensteuer weg. Ein großer Teil der Bevölkerung wird in Zukunft nicht mehr in der Lage sein, sich Eigentum anzuschaffen oder sich den Unterhalt leisten zu können.
Wenn sich jetzt aber obiges Ehepaar ein Luxusanwesen für € 4.000.000 leistet, ist das eine Verhöhnung aller, die sich noch nicht einmal eine kleine Eigentumswohnung als Baustein ihrer Altersversorge werden leisten können.
Pikant ist aber noch ein weiterer Aspekt: Daniel Funke gilt als Lobbyist für
die Pharmaindustrie und ist an mehreren medizinischen Unternehmen beteiligt.
Ein Schelm, wer da in irgendeiner Form Verstrickungen
vermutet.
Wenn man jedoch nach den Nebeneinkünften von Jens Spahn sucht, muss man Geduld
aufbringen. Auf der Seite des deutschen Bundestages erfährt man vieles über
Tätigkeiten und Einkünfte neben dem Mandat
mit vielen Erklärungen, Gesetzen
und Regeln. Leider findet man hier nur einen Hinweis, dass diese Nebeneinkünfte
in den einzelnen Abgeordneten-Biografien veröffentlicht werden. Nach langer
Suche (natürlich nicht auf der Seite des Bundestages!) fand ich den wichtigen
Hinweis, dass Jens Spahn keine Nebeneinkünfte im Jahr 2019 erzielt hat.
Da stellen sich mir weitere Fragen: Warum nur steht keine Liste der Nebeneinkünfte aller Abgeordneten in guter Erreichbarkeit auf der Seite des Bundestages? Und warum werden Neben-/Haupteinkünfte von Partnern nicht erfasst/dokumentiert?
Wenn so offensichtlich wie hier ein Pharmalobbyist/-unternehmer mit dem
Gesundheitsminister liiert ist, wie stellt man sicher, dass es dort nicht zu
problematischen
Vertragskonstruktionen kommt?
Wo liegen eigentlich Grenzen des Erträglichen, was muss ich mir als
Steuerzahler gefallen lassen? Ab wann sollte Lobbyarbeit auf den Prüfstand oder
sogar verboten werden. Meine Meinung: Lobbyarbeit dient in der Regel nur einem,
und das ist nicht der Steuerzahler! Und bei solchen Konstruktionen wie hier
muss man auf Kreuzreaktionen
gut achtgeben.
Stefan Brackmann
stellvertretender Bundesgeschäftsführer
DIE FÖDERALEN
Quelle: destatis; www.bundestag.de