Deutschland hat ein demografisches Problem. Das lerne ich seit meiner Kindheit. Damals fragten die Lehrer, was passieren muss, damit wir wieder mehr Kinder haben. Gleichzeitig kam die erste Pisa-Studie und alle erschreckten. Meine Generation war schuld an der eigenen misslungenen Bildung. Das war als Schülerin der 5. Klasse auf dem Gymnasium leicht verwirrend, aber wie schon mehrmals diskutiert, schienen die Erwachsenen nicht an ihrer Bildungspolitik oder ihrem Unterricht zu zweifeln, sondern an uns. In Gesprächen und beim Lernen mit und von Großeltern konnte man dann merken, dass sich in der Zeit zwischen unseren Eltern und uns einiges verändert hatte. Bald darauf setzte die Forschung und Politik ein und an unseren Schulen wurde experimentiert.
Ich schreibe experimentiert, da es von diesem Punkt an scheinbar immer schlimmer statt besser wurde. Nun im Jahr 2024 wurde eine Art Pisa-Studie für Erwachsene durchgeführt. Man könnte ironisch meinen, die Erwachsenen der 00-er Jahre hatten damals recht! Sie schneiden bedeutend besser ab als die Generationen nach ihnen und sind auch keine Pisa-Versager wie wir. Im Gegenteil, denn sie liegen über dem Schnitt.
Ich möchte das nicht bestreiten. Ich merke sehr oft die Lücken. Wir wurden nicht mehr darauf trainiert alles auswendig zu können und wenn, dann nicht so, dass es ein Leben lang drin bleibt. Einiges, was vorher Pflicht war, war bei uns Wahl. Manche Inhalte wurden ausgetauscht. Wir wuchsen damit auf, dass es einen Grafiktaschenrechner gibt, Suchmaschinen, Lexika, Computer, Rechtschreibprüfung und Translater. Natürlich entwickelte sich das über die Zeit immer weiter und so auch mit den Schülergenerationen.
Und nun kommen gleichzeitig zu den neuen Pisa-Ergebnissen, die Meldungen ĂĽber die zerplatzten Hoffnungen der nachgewiesen ungebildeteren Generationen. Es kriselt seit 2008. Die Wirtschaft ist kaputt, die Gesellschaft zerstritten, der Wohnraum ist zu knapp und die Geburtenrate hat auch nicht an besseren Ergebnissen gearbeitet. Viel mit der Wahl hat das alles nichts mehr zu tun.
Passend zum Wettkampf der Generationen passt meine eigene Wahrnehmung und der von Bekannten, aber auch eine vor kurzem erschienene Studie. Viele Lehrer haben Freude daran, SchĂĽler zu demĂĽtigen, sich an Mobbing zu beteiligen und sich ĂĽber SchĂĽler lustig zu machen. Das ist meiner Meinung nach auch einer der GrĂĽnde, weshalb das Mobbingproblem an Schulen so massiv existiert. Wie soll es von Lehrern beseitigt werden, die sich mit einem solchen Verhalten den eigenen Tag versĂĽĂźen? Wo ist das Streben hin, dass es den Generationen nach einem besser geht?
Es wird immer wieder an neuen Modellen gearbeitet. Dabei wird nicht hinterfragt, warum die Bildung schlechter wurde oder was wirklich zu all den Krisen führte. Die Boomer gehen inzwischen in den Ruhestand oder sind es bereits. Wäre es nicht Zeit für eine ehrliche Abwägung? Es gibt keinen Weg zurück und das will auch niemand, aber sollte nicht ehrlich beurteilt werden, was sich für die Jahrgänge danach geändert hat und welche Konsequenzen dies hatte? Könnte man damit nicht wenigstens versuchen, zukünftige Kinder bzw. Menschen wieder mehr zu bilden, innovativer zu machen, die Gesellschaft fairer zu gestalten und aus den Fehlern zu lernen?
Auf der anderen Seite stelle ich mir eine Frage über die aktuelle Studie. Der Lehrstoff ändert sich, Anforderungen ändern sich, also welche Fragen sind fair und welche Fragen bevorzugen bestimmte Jahrgänge oder diskriminieren sie?
Mit etwas weniger Feindseligkeit, Ehrlichkeit und gemeinsamen Abwägen der Veränderungen, würden sich vielleicht Lösungen finden lassen, welche nicht eingestaubt sind und auch kein Weg zu alten, nicht mehr gewollten Dingen. Aber dafür müssten wir anfangen, ohne Vorurteile und ohne falsches Eigenlob miteinander zu diskutieren.
Maren Zaidan
Bundesvorsitzende
DIE FĂ–DERALEN