Wir schreiben das Jahr 2008. Ein Buch mit dem Titel Generation Doof
erscheint. Alle reden drüber. Nachdem mein halbes Schulleben davon geprägt war
Vergleichsarbeiten zu schreiben, sich anzuhören wie dumm meine Jahrgänge sind
und Lehrer zu erleben, die vollkommen überdreht neue Lehrmethoden
durchprobieren, war ich etwas genervt von einem Buch, was uns nun den letzten
Schuss verpasst. Ja, ich habe es gelesen, aber eigentlich zunächst nur, weil
ich gelangweilt im Flughafen saß und durch den Lautsprecher verkündet bekam,
dass mein Flieger ein paar Stunden später startet. Erstaunlicherweise wurde ich
nach ein paar Zeilen gefesselt von dem Buch und konnte all die Selbstironie an
meiner eigenen Generation, dann doch mit Humor sehen. Ja, ich gehöre zu den
jüngeren Jahrgängen der Generation Doof
und habe mir damals eingebildet
einige der beschriebenen Probleme würden den älteren Jahrgängen
gelten. Es
gab noch Hoffnung für mich! Und ja… auch die Fortsetzung Doof it yourself
hat mich damals in den Bann gerufen!
Inzwischen stehen auch meine Jahrgänge im Berufsleben, auch wenn man studiert
hat, inzwischen haben meine Jahrgänge, Kinder oder planen sie soweit gewünscht.
Inzwischen haben die letzten Jahrgänge der Generation Doof
die ersten Erfolge
und Misserfolge im echten Erwachsenenleben gefeiert. Und was wurde aus all den
Peinlichkeiten?
Wir haben das Internet und unsere geliebten kleinen Gerätschaften weiter
verstärkt. Wir können über den Grafiktaschenrechner nur noch lachen, inzwischen
kann das unser Smartphone. Endlich geschafft! Unsere Matheschwächen merkt jetzt
keiner mehr! Unsere beruflichen Netzwerke nutzen wir nicht mehr um in
Wirklichkeit mit Freunden in Kontakt zu bleiben, den wir haben jetzt noch viel
mehr soziale Netzwerke, die uns noch mehr dazu anregen sinnlose Dinge für die
ganze Welt öffentlich zu machen. Die Kinder der Generation Doof
bekommen noch
mehr die Möglichkeit als damals Langeweile mit dem Smartphone der Eltern zu
kompensieren und auf Fragen antworten aus Wikipedia zu bekommen, die dann auch
die Eltern nur noch mehr verwirren. Die Praktikumsschleifen wurden versucht von
der Politik zu beenden, doch in Realität leben wir immer noch in einer
Berufswelt in der nichts ausreicht und frühere Gutverdiener nicht mehr ganz so
gut über die Runden kommen. Die Konflikte zwischen Männern und Frauen haben wir
auch nicht gelöst, stattdessen haben wir sie zum Teil verstärkt. Unsere
Eigenschaft schnell gelangweilt zu sein und nicht zu wissen was wir tun sollen,
kompensieren wir inzwischen mit Hilfe von Streaming Diensten. Viele von uns
leben in einer Traumwelt. Einer Traumwelt, die aufgebaut wurde um sagen zu
können, dass man das althergebrachte eh nie wollte.
Haben es die Jahrgänge danach besser? Meiner Meinung nach nicht. Das
Bildungssystem wurde nicht gerettet. Statt den Unterricht zu verbessern hat man
die Abschlüsse erleichtert. Die jugendliche Gesellschaftskritik der Generation
doof, die versucht hat sozial zu sein, wurde umgewandelt in Jahrgänge, die zu
einem großen Teil sehr oberflächlich und Geld gierig geworden sind und zu einem
anderen Teil wiederum verdrängen, dass Wirtschaft und Geld einen Sinn haben.
Die Ausbildungsstätten schwärmen inzwischen zum Teil von der Generation Doof
.
Das Karussell dreht sich weiter.
Die Welt dreht sich immer weiter. Auch heute gilt, wie am Ende des Buches gesagt wurde, dass jede Generation ihre Mittel hat. Man muss nicht alles wissen, man muss nur wissen wo es steht. Meine Generation muss heute noch weniger auswendig können, weil einfach alles mit ein paar Klicks abrufbar ist. Das gibt uns wiederum die Möglichkeit andere Fähigkeiten zu erlangen. Fähigkeiten, die es vor ein paar Jahren oder Jahrzehnten in der Form noch nicht gab. Doch unsere Welt wird nie sicher sein. Wissen ging in der ganzen Menschheitsgeschichte verloren. In einer Zeit von Fake- News und Meinungsverbreitung, die von einzelnen Konzernen gesteuert werden kann, ist es vielleicht umso wichtiger Wissen im Kopf zu haben. Das Internet kann uns verbinden. Wir können Menschen nahe sein, die früher fast aus der Welt gewesen sind. Aber auch meine Generation sollte den Wert echter Nähe nicht aus den Augen verlieren. Mit ein wenig politischem Engagement, einer Prise Selbstständigkeit und etwas Eigeninitiative können wir nicht alle Probleme für unsere und die nachfolgende Generation lösen, aber wir können es besser machen als bisher.
Maren Zaidan
Bundesvorsitzende der Partei DIE FÖDERALEN
Essen, den 12.07.2020