Wenn ich mir die Posts in vielen Chatgruppen – gerade in den letzten Wochen – so ansehe, bekomme ich nicht nur Magenschmerzen, sondern auch gewaltiges Sodbrennen und mehr.
Was führt mich zu dieser körperlichen Reaktion?
Viele Gruppen- / Kanalbetreiber wissen nämlich besser als jeder Teilnehmer, was wir am Sonntag zu wählen haben! Oder auch nicht! Doch dazu kommen wir etwas später. Wer erhöht sich so über uns, dass er sich ermächtigt fühlt, uns in dieser sehr persönlichen Angelegenheit seine Meinung aufzudrängen? Haben wir ihn darum gebeten? Sicher nicht. Man kann über einzelne Themen berichten, seine Meinung kundtun und jeden selbst entscheiden lassen, ob er dieser Meinung bei diesem Thema folgt. Am besten noch in einer Austauschgruppe, in der ohne Vorbehalte der notwendige Diskursrahmen ohne persönliche Angriffe ausgeschöpft werden kann.
Die gesamte Gemengelage in der politischen Willensbildung ist jedoch sehr komplex und beinhaltet vielfältige Themen und noch mehr individuelle Rahmenbedingungen, die ein Kanalbetreiber – und sei er auch noch so beliebt – nicht alle berücksichtigen kann.
Daher überlasst es bitte der freien Entscheidung jedes Einzelnen, wie er bei der nächsten Wahl abstimmen wird. Das „Folge dem Herren-Prinzip“ ist hier genauso fehl am Platze wie das Herausschreien der eigenen klaren Präferenz. Beides widerspricht den Grundsätzen einer freien und geheimen Wahl.
Jeder sollte sich selbst informieren und die Auswirkungen seiner Wahl mit seinen eigenen Bedürfnissen abgleichen, damit er später nicht von der Wirklichkeit überrascht wird. Ganz besonders sind auch die Menschen, die einem die eigene Präferenz abfragen wollen. Bei Nichtbeantwortung und Bezug auf die geheime Wahl wird einem sofort eine extremistische Absicht unterstellt. Seit wann denken wir immer erst schlecht über unsere Mitmenschen? Sollte man nicht seine Meinung im Positiven sehen, hat er sich mit dem Thema doch auseinandergesetzt und bestimmt die für ihn richtige Entscheidung getroffen.
Noch verrückter und übler stoßen mir die Apologeten der destruktiven Nichtwähler auf. Sie werfen mit Allgemeinplätzen und dummen Sprüchen umher und stellen unser demokratisches Selbstverständnis in Abrede. Dieses Recht, sich an unmittelbaren, freien und geheimen Wahlen beteiligen zu können, haben viele Generationen vor uns erstritten. Es mit Füßen zu treten ist gelinde gesagt unterirdisch und zutiefst antidemokratisch. Zudem ist es einfach, sich vor einer Entscheidung zu drücken und sich später den in einem demokratischen Prozess ermittelten Ergebnisse zu widersetzen.
Wenn auch aktuell nicht alles so optimal funktioniert, so kommen auch wieder andere, bessere Zeiten, in denen der Willen des Souveräns wieder mehr in den Mittelpunkt rückt. Bis dahin ist der Weg zwar noch weit und steinig, aber jeden Zentimeter wert, ihn zu gehen.
Mit den besten Empfehlungen
Stefan Brackmann
Bundesvorsitzender
DIE FĂ–DERALEN